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  • AutorenbildIlse_Ritz

Holunder - der heilige Baum des Hauses

Aktualisiert: 24. Nov. 2023

Der Holunder war von jeher „heilig“ unter den Sträuchern – er war der schützende Lebensbaum der germanischen und keltischen Sippe. Noch heute nennt man ihn „den heiligen Baum des Hauses“. Nach alter Überlieferung gibt es in der Pflanzenwelt kein zweites Gewächs mit so vielen geheimnisvollen Kräften. Man sah im Holunder ein Universalmittel gegen alles Unheil. Bei den Germanen hieß der Holunder „Baum des Heils“ denn er schützte vor Feuer und Seuchen. Auch vor Verzauberung und allem Bösen sollte er bewahren.

Der Holunder wächst an Waldrändern, Hecken Gärten und Hausmauern und sucht die Nähe der Menschen. Der Schwarze Holunder gilt als Gedeihbaum der Sippe, als Fruchtbarkeitssymbol und als Schutzpflanze für Gebärende. Seine reinigenden Kräfte sind sind hilfreich, um den Übergang in andere Lebensphasen zu erleichtern. Der Holunder, der als Sippenbaum neben dem Haus wächst, ist ein Schwellenbaum, ein Zugang zu den verstorbenen Ahnen. Bei den meisten Naturvölkern wurden die Toten nicht einfach entsorgt und vergessen, sondern sie blieben ein Teil der Familie und der Sippe. Man konnte sie zu magischen Zeiten um Rat fragen und sie wirkten von der „anderen“ Seite auf die Hinterbliebenen.

Der Holunder besitzt eine magische, oft unheimliche Ausstrahlung. Setzt man sich unter den Holunder, kann man oft spüren, wie er uns in die Erde hinabzieht. Es wird gesagt, dass in jeder Blüte eine Fee sitzt. Der Holunder ist der Baum der Schwarzen Göttin, denn Frau Holle als Erdgöttin ist die Schwarze Göttin, die Mutter der Nacht. Sie ist es, die die Seelen der toten Tiere und Menschen, ebenso wie die Samen der Pflanzen in ihr unterirdisches Reich hinabnimmt und diese dann wieder in einen neuen Zyklus entläßt.

Der Hollerbusch ist eine Art Schwelle als Zugang zum unterirdischen Reich der Frau Holle. Frau Holle ist uns bekannt aus Märchen, wo sie als Königin der Zwerge und Elfen dargestellt wird. Für die Germanen und Slaven galt ein alter Holunder, der sich an das Gemäuer eines Hauses schmiegt, als die Herberge des Sippengeistes. Er half nicht nur denjenigen, die über die Schwelle ins Hollenreich gingen, sondern auch denen, die wiederkehrten. So wurde der Holunderstrauch auch mit Sexualität und Geburt in Verbindung gebracht. Eine Kinderwiege aus Holunderholz anzufertigen kam nicht in Frage, die Holden würden das Kind dann wieder ins jenseitige Reich mitnehmen. Ein Kind durfte nie mit einer Holunderrute gezüchtigt werden, da es dann weder wachsen, noch gedeihen würde.

Der Holunder ist wie die Göttin des Lebens und des Todes ebenfalls von zweifacher Natur. Er hat weisse Blüten und schwarze Beeren – er ist eine Heilpflanze und zugleich auch eine starke Giftpflanze.

Der Baum ist “schwer“, er zieht hinab in die Tiefe, aber sein Holz ist luftig und leicht. Wie die Große Göttin in ihrer dreifachen Gestalt alle Gegensätze in sich vereint, so verbindet der Baum in seinem Wesen diese Gegensätze. Die kulturelle Sybolik des Baumes umspannt diese Polarität :

Die Geburt – das ins Leben kommen - und den Tod – aus dem Leben gehen. Auch Liebe und Erotik sind eine verbindende Stelle zwischen Leben und Tod. Im Märchen von Frau Holle werden die Verstorbenen in der Anderswelt von ihr empfangen. Dort haben sie verschiedene Arbeiten zu verrichten wie zB das Pflücken der roten Äpfel vom Baum und sie müssen fertig gebackene Brote aus dem Ofen holen. Das sind imaginäre Bider von Fruchtbarkeits- und Geburtsvorgängen. Die kurz vor der Wiedergeburt stehenden Seelen sind wie reife Äpfel, die sich bald von den Zweigen des Weltenbaumes lösen und wieder hinab auf den Boden einer neuen Verkörperung fallen. Sie müssen sorgfältig behandelt werden, damit sie keinen Schaden erleiden. Der Ofen mit den Brotlaiben ist ein Bild des warmes Mutterschoßes, in dem das Kind heranreift. Auch hier bedarf es der Hilfe der Toten, damit die Kinder nicht „verbrannt“ oder angeschlagen in die Welt geschickt werden. Zugleich helfen die Verstorbenen der Frau Holle ihre Federbetten schütteln, so dass die Daunen im Winter als weisse Flocken auf die Erde fallen. Die Schneeflocken bringen den Feldern und Wiesen frische Lebenskräfte aus kosmischen Sphären für das kommende Jahr.

Unsere Vorfahren waren davon überzeugt, dass Fruchtbarkeit und Wachstumskräfte von den Ahnen aus dem Jenseits ins Diesseits geschickt werden. Wenn es an der Zeit ist, wieder geboren zu werden, schickt die Göttin die Menschenseelen in eine neue Geburt.

Der Storch Adebar oder ein anderer weisser Seelenvogel trägt die Kinderkeime zum Geburtsbrunnen, zu Seen, zu Felsschluchten, Tümpeln, in Apfel- und andere Obstbäume, durch den Rauchfang zum Herd hinab oder eben in die Äste des Hofholunders. Da sitzen sie dann und warten bis die zukünftige Mutter das Wasser der Quelle schöpft, das Herdfeuer schürt, in den Apfel beisst, oder den Holunder berührt, um in ihren Schoß zu huschen um darin Wohnstatt nehmen zu können.

In dem alten Kinderlied, dem Reigentanz um den Holunder sind es eigentlich die Geister der kommenden Kinder die da singen : „Ringel, Ringel Reihe, wir sind der Kinder dreie, sitzen unter`m Holderbusch, rufen alle husch, husch, husch

Die Kinder bringen bei der Geburt ihr Schicksal mit. Durch ihre Taten oder Untaten prägen sie ihre Veranlagung selbst mit. Am Hollentor werden die Wiedergeborenen mit Gold oder Pech überhäuft.


Die Kelten sahen in der Hebamme, der femme sage, die das Kind begutachtete, segnete und ihm die Zukunft voraussagte, eine Erscheinung der Göttin oder zumindest eine das Schicksal verkündende Fee. Der Holunder gilt als Lebensbaum, von dem die Hebammen angeblich die neugeborenen Kinder holen, nach altem Spruch :“ die Kinder vom Hollerbaum herabbeuteln“. Vater und Mutter erschaffen das Kind nicht, es ist als Geistwesen schon da. Ihre geschlechtliche Vereinigung ist die Voraussetzung, das der sich wiederverkörpernde Ahnengeist einen physischen Körper bekommen kann. Daher wurde im Volksglauben der Holunder auch mit Erotik und Sex in Verbindung gebracht. Im nördlichen Europa vor allem in Dänemark wird in ländlichen Gebieten der Holunder noch immer als Geburtsbaum verehrt. Mutter Ellhorn hilft den schwangeren und gebärenden Frauen. Berührt die Schwangere die Zweige des Hofholunders, kann sie sicher sein, das Frau Holle und die Ahnen wohlwollend in der Nähe sind.


Der Holunder galt seit Langem mit all seinen Pflanzenteilen als Hausapotheke und auch als Wächter und Beschützer für die Hausbewohner. Als Hausgeistpflanze passte der Holunder auf, das alle im Haus gesund blieben. Falls ein Mitglied der Familie krank wurde, ging die Bäurin zum Holunder beim Haus und klopfte dreimal an dessen Stamm. Damit weckte sie den Hausgeist auf und machte ihn darauf aufmerksam, das er nicht wachsam gewesen war und er sich darum kümmern sollte, das das Familienmitglied wieder gesund würde.

Der Einsatz des Holunders diente der Gesundheit und auch der Magie. Da der Baum negative Energien und Unglück anzieht und „verbraucht“ oder in die Unterwelt leitet, wurden ihm alle möglichen Krankheiten und Leiden „anghängt“ (zB wurden eitrige Verbände auf seine Zweige gehängt) in seinem Schatten wurden ausgefallene Zähne, Haare, Nägel oder auch die Nachgeburt von Kühen vergraben um etwaigem magischen Missbrauch oder Verhexungen entgegenzuwirken. Auch die Hemdchen „beschrieener“ (verzauberter) Kinder wurden beim Holunder aufgehängt und das Badewasser kleiner Kinder wurde ebenfalls beim Holunder ausgeschüttet.

Bei Fieber ging man in der Nacht bei abnehmendem Mond zu einem an einer Grenze oder Wegscheide stehenden Holunderbaum, band einen Bindfaden um den Stamm und sprach Sprüche wie ZB „Guten Tag, Flieder, ich bring dir mein Fieber, ich binde es an, nun geh ich in Gottes Namen davon“.

Bei Zahnschmerzen ritzte der Betroffene das Zahnfleisch an der schmerzenden Stelle mit einem Holunderspan, bis es blutete. Dann fügte er den Span wieder an der Stelle ein, wo er entnommen wurde. Der Holunder leitet sowohl das Fieber, als auch die Zahnschmerzen nach unten in die Erde ab.

Die Menschen verneigten sich vor diesem heilkräftigen Baum und zogen ehrbietig ihren Hut vor ihm. Niemand wagte es, ihn achtlos zu stutzen oder sogar sein Holz zu verbrennen. Wer also das Holz schlägt, oder es gar verbrennt, der würde ungute Energien freisetzen und sie würden auf ihn oder die ganze Hausgemeinschaft übergehen.

Musste ein kräftig wuchernder Holunder dennoch gestutzt werden, führte man ein sorgfältiges Ritual durch. Man mußte in der Vollmondnacht mit entblößtem Haupt zur Holunderfrau gehen und sie um Erlaubnis bitten und verprach ihr zugleich eine Opferspende. Viezehn Tage später am folgenden Neumond musste man das Versprechen einlösen und etwas in die Zweige hängen oder unter der Wurzel vergraben. Nun durfte man das Geäst beschneiden und das geschnittene Holz wieder der Erde zurückgeben.

In Dänemark hiess es, wer den Baum der Hollenmutter beschädigt, der bekommt die Hollenkrankheit, es sei denn, er versöhne sich mit ihr, indem er ihr als Speiseopfer Milch auf die Wurzeln gießt. Den Holunder sollte man nicht pflanzen, die Göttin selbst sollte den geeigneten Platz finden.

Unter dem Hausholunder opferte man Milch für den Hausgeist und Bier und Brot für den Erdgeist. Als Seelenhüterin ist Frau Holle auch eine Totengöttin, daher spielt der ihr geweihte Holunder auch eine zentrale Rolle im Totenkult. Aus dem Holz des Holunders der auf dem Grundstück der Versorbenen wuchs, wurden Grabkreuze gefertigt. Auch Särge wurden aus dem Holunderholz angefertigt und Zweige beim Leichenzug vorangetragen. Vielerorts war es der Brauch, die Verstorbenen auf Holunderreisig zu betten. In Tirol steckte man Holunderzweige ins frische Grab, um zu sehen, ob sie grünen und trank bei der Totenwache Holunderblütentee.


Verwendung des Holunders :

Blüten werden um die Sonnenwende gesammelt und an einem luftigen Ort getrocknet ; Beeren September/Oktober gesammelt. Beides kann auf Vorrat getrocknet werden. Grüne Blätter werden im Sommer, Holz und Rinde im Herbst gesammelt.

Aus den Blüten wird ein schweiß- und harntreibender Tee gebraut, der bei Grippe, Erkältung, Husten, Heiserkeit, Rheuma, Heuschnupfen und Stirnhöhlenentzündung getrunken wird.

Aus den dunklen Beeren wird eine dramreinigender und darmanregender Sirup gekocht. Die Beeren haben eine immun- und nervenstärkende Wirkung. Saft, Sirup oder Suppe helfen bei viralen Infekten, Herpes und Neuralgien. Die Beeren können getrocknet und im Falle einer Grippewelle gekocht und verabreicht werden. Holunderbeeren kann man als eine Art „innere Polizei“ oder „innere Putzfrau“ betrachten, die „daheim“ alles sauber hält. Sie ist dort wertvoll, wo eine Nervenschwäche, eine Überreizung der Nerven vorhanden ist, wo man Depression oder Melancholie verspürt und von Schwermut befallen wird. Sie enthalten in sehr hohem Maße Vitamin C, sowie Vitamine der B-Gruppe und reichlich Mineralsalze. Dies erweist sich als vorteilhaft für die natürliche Stärkung des Herzens, der Nerven, des Kreislaufs und der Gefäße und wirken vorbeugend gegen Lungenentzündung. Die Früchte darf man nie roh, sondern nur gekocht verzehren – sie besitzen antiseptische und keimtötende Eigenschften.

Die im Sommer gesammelten Blätter werden in Schweinefett gekocht, zur Salbenherstellung für Prellungen, Quetschungen und Geschwülsten verwendet.

Im Herbst wird die Rinde gesammelt als stark wirkendes Brech- und Abführmittel. Nach oben hin geschabt soll die Rinde Erbrechen und nach unten hin geschabt, Durchfall bewirken. Als Standardmaß für die abgeschabte Rinde : Es ist genau die Menge, die in eine Walnussschale passt. Das ist ein typisches altes Maß.

Tee aus getrockneter Hollerrinde nimmt man regelmäßig bei Herzbeschwerden, Magenverstimmung, sowie bei Nieren und Asthmaleiden ein.

Die Gallier tranken den Sud der ohne Eisen gegrabenen Wurzelrinde „zwischen den Welten“ bei Sonnenaufgang auf einem Bein an der Türschwelle mit Blick nach Osten.


Holunderblütentee : 2 Tl. getrocknete od. frische Holunderblüten mit ¼ l kochendem Wasser überbrühen und 10 Minuten zugedeckt ziehen lassen. Abseihen und so heiß wie möglich schluckweise trinken. Der Tee ist schweisstreibend, schleimlösend, immunstärkend, harntreibend und blutreinigend. Anwendung bei Ekältung, zur Schwitzkur, zur Durchspülungstherapie bei Entzündungen der ableitenden Harnwege, bei Rheuma.


Holunderblüten-Umschläge:

1,5 Handvoll junger Holunderblätter werden mit ¼ l Schweineschmalz afgekocht, dann die Blätter mit dem Schmalz zur Aufbewahrung in Gläser füllen. Bei Beulen oder Unterkühlung von Körperteilen die schmalzigen Holunderblätter auf die Stellen auflegen, ein Tuch darüber und 20 Min. einwirken lassen.


Holunderblätterjauche gegen Wühlmäuse: 2 Hände voll Holunderblätter mit Wasser bedecken und stehen lassen, bis sich die Blätter aufzulösen beginnen. Nach einigen Tagen ist die übel riechende Jauche fertig. Diese wird dann in die Gänge der Wühlmäuse gegossen.


Gegen Wühl- und Feldmäuse können die Blätter in die Löcher und Gänge der Mäuse gestopft werden und das Holz wird in der Nähe der Löcher in den Boden gesteckt. Durch den starken Duft werden die Nager vertrieben. Dasselbe kann man auch im Haus versuchen. Der Holunderstrauch hat eine enge Verbindung zur Erde und den Erdenkräften.


Baumheilkundliche Anwendung

Wer sich selber verliert und wem der Boden unter den Füssen fehlt, der sollte hin und wieder einen starken Holunderstrauch aufsuchen. Der Holunder vermittelt auf eine sanfte und direkte Weise die Erde. Zudem wirkt er auf jähzornige Gemüter besänftigend und kühlend. Menschen die öfters an Erkältungskrankheiten leiden, sollten möglichst oft zum Holunder gehen.


Tierheilkundliche Anwendung

Der Bauer legt dem Vieh ein Stück Holunderholz ins Maul, wenn es Blähungen hat. Sobald das Tier darauf beisst und den Saft schluckt, gehen die Blähungen zurück.


Kosmetische Anwendung

Hat eine abschwellende und beruhigende Wirkung . Wird verwendet bei empfindlicher Haut und Cellulitis.


Als Räuchermittel

Holz, Rinde, Wurzel und Blüten werden als Räucherung zur bewussten Kontaktaufnahme mit dem Unteren Reich der Frau Holle verwendet. Je nach angewendetem Teil können sie auch zur Reinigung von Räumen Anwedung finden. Beim Räuchern mit diesen Teilen des Holunderstrauches begegnen wir unseren inneren Erdenkräften. Das Räuchern des Bastes (innerer Teil des Holunderholzes) dient zur Schutzräucherung in Heilritualen, wo traumatische Erinnerungen das Thema sind.


Metallgeschirre mit Holunderblättern abgerieben rosten nicht und nehmen kein Gift an. Tische und anderes Holzgerät mit Holunderblätter-Tee – im Heißaufguss zubereitet – gewaschen, werden nicht wurmstichig.




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